Je älter ich wurde und je schaler die kleinen Befriedigungen mir schmeckten, die ich in meinem Leben fand, desto mehr wurde mir klar, wo ich die Quelle der Freuden und des Lebens suchen müsse...
Ich erfuhr, dass geliebt werden nichts ist, lieben aber alles,
und mehr und mehr meinte ich zu sehen, dass das, was unser Dasein wertvoll und lustvoll macht, nichts anderes ist als unser Fühlen und Empfinden.
Wo irgend ich etwas auf Erden sah, das man 'Glück' nennen konnte, da bestand es aus Empfindungen.
Geld war nichts, Macht war nichts. Man sah viele, die beides hatten und elend waren. Schönheit war nichts, man sah schöne Männer und Frauen, die bei aller Schönheit elend waren. Auch die Gesundheit wog nicht schwer; jeder war so gesund als er sich fühlte, mancher Kranke blühte bis kurz vor dem Ende vor Lebenslust, und mancher Gesunde welkte angstvoll in Furcht vor Leiden hin.
Glück aber war überall da, wo ein Mensch starke Gefühle hatte und in ihnen lebte, sie nicht vertrieb und vergewaltigte, sondern pflegte und genoss.
Schönheit beglückte nicht den, der sie besaß, sondern den, der sie lieben und anbeten konnte.
Es gab vielerlei Gefühle, scheinbar, aber im Grunde waren sie eins. Man kann alles Gefühl Willen nennen, oder wie immer. Ich nenne es Liebe. Glück ist Liebe, nichts anderes. Wer lieben kann, ist glücklich.
Jede Bewegung unsrer Seele, in der sie sich selber empfindet und ihr Leben spürt, ist Liebe. Glücklich ist also der, der viel zu lieben vermag.' (Hermann Hesse)
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